"Kombination aus Technik, Strategie und gesellschaftlicher Verantwortung" - Interview mit Yannick Franke vom KI-Team der dpa - dpa innovation
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„Kombination aus Technik, Strategie und gesellschaftlicher Verantwortung“ – Interview mit Yannick Franke vom KI-Team der dpa

Seit Januar 2025 leitet Yannick Franke das neu gegründete KI-Team der Deutschen Presse-Agentur. Aufgabe: die Entwicklung und den Einsatz von KI-Produkten für interne Redaktionsteams und dpa-Kunden voranzutreiben. Der Aufbau robuster KI- und Dateninfrastrukturen sowie die Implementierung und der Betrieb diverser Use Cases stehen im Fokus. Vor seinem Eintritt bei dpa sammelte Yannick (Foto oben, mittig sitzend) mehrere Jahre Erfahrung als Data Scientist und Teamleiter in verschiedenen IT-Beratungsunternehmen. Im Interview berichtet er von seinem Einstieg in die Medienbranche und über die Schwerpunkte des KI-Teams in den ersten fünf Monaten.

Du bist jetzt seit fünf Monaten bei dpa. Was macht die Arbeit in einem Medienunternehmen für dich spannend?

Yannick Franke: Die Arbeit bei der dpa ist für mich spannend, weil sie drei zentrale Bereiche vereint, die mich besonders reizen. Erstens: Wir beschäftigen uns mit innovativen Methoden und Technologien. Dabei investieren wir viel Arbeit in den Aufbau einer soliden Infrastruktur, um dieses Thema zukunftsfähig und effizient zu gestalten.

Zweitens: Es geht darum, strategisch zu überlegen, wie wir unsere redaktionellen Prozesse und Produkte weiterentwickeln können. Der Fokus liegt hier sowohl auf der Verbesserung redaktioneller Abläufe als auch darauf, einen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen.

Und drittens, was für mich besonders wichtig ist: Wir arbeiten in einem gesellschaftlich äußerst relevanten Bereich. Unsere Aufgabe ist es, die Chancen der Technologie zu nutzen, gleichzeitig aber Risiken zu berücksichtigen und verantwortungsvoll zu handeln. Diese Kombination aus Technik, Strategie und gesellschaftlicher Verantwortung macht die Arbeit bei der dpa für mich so faszinierend.

Ihr seid in eurer neu geschaffenen KI-Einheit zu dritt gestartet. Wie seid ihr beim Aufbau dieser Einheit vergangenen, und was waren die Schwerpunkte zu Beginn?

Yannick Franke: Zu Jahresbeginn habe ich gemeinsam mit zwei weiteren AI Engineers, Hao und Lino, bei der dpa begonnen. Zunächst haben wir uns Zeit genommen, die Organisation, die Technik und die Redaktion kennenzulernen, um zu verstehen, wie die dpa und die Medienbranche im Allgemeinen funktionieren. Dabei haben wir ein Umfeld vorgefunden, das dem Thema KI sehr offen gegenübersteht, und wurden von Kolleginnen und Kollegen großartig unterstützt.

Unsere erste strategische Aufgabe war es, die Herangehensweise an KI zu definieren. Das bedeutete, Use Cases zu identifizieren, zu priorisieren und organisatorische Voraussetzungen dafür zu schaffen. Parallel dazu haben wir eine technologische Grundlage aufgebaut: eine KI-Infrastruktur, die es uns ermöglicht, schnell und effizient Anwendungen zu entwickeln, sowie eine Dateninfrastruktur, um datenbasierte Anwendungen zu entwickeln und deren Auswirkungen auf Prozesse und Produkte zu messen.

 

Unser Fokus liegt auf zwei zentralen Bereichen: der Unterstützung unserer redaktionellen Kernprozesse und der Weiterentwicklung von Kundenprodukten.

 

Jetzt hast du gerade schon das Stichwort Use Cases genannt. Das ist auch etwas, was wir von anderen Unternehmen immer wieder hören: Keine KI ohne Use Case. Welche Use Cases schaut ihr euch denn konkret an?  

Yannick Franke: Unser Fokus liegt auf zwei zentralen Bereichen: der Unterstützung unserer redaktionellen Kernprozesse und der Weiterentwicklung von Kundenprodukten. Diese Use Cases teilen wir in zwei Kategorien auf. Die erste Kategorie ist Content Transformation. Hier geht es darum, bestehende Inhalte so aufzubereiten, dass neue Inhalte und Formate daraus generiert werden können.

Die zweite Kategorie ist Content Discovery. Dabei entwickeln wir Services, die auf Basis unserer Daten Mehrwerte schaffen. Aktuell konzentrieren wir uns auf konkrete Anwendungsfälle: Einer davon ist unser KI-Rechercheassistent. Er hilft, basierend auf Nutzeranfragen relevante Inhalte aus dem dpa-Archiv zu finden und darauf basierende Antworten zu generieren. Ein weiterer Use Case ist die Integration von KI-Funktionalitäten in redaktionelle Prozesse, zum Beispiel bei der automatischen Erstellung von Titeln und Teasern, die den dpa-Richtlinien entsprechen.

 Wie ist das Feedback der Kunden zum KI-Rechercheassistenten? Und wie geht es weiter? 

Yannick Franke: Das Feedback zum Rechercheassistenten ist bislang sehr positiv. Unser Ziel war es, zusammen mit unserem Partner You.com rasch ein Produkt zu entwickeln, das Mehrwert schafft. Wir haben das System sowohl intern als auch extern in kurzer Zeit ausgerollt und umfangreiches Feedback gesammelt. Dieses nutzen wir jetzt, um das System kontinuierlich weiterzuentwickeln.

Zukünftig möchten wir die Qualität der Ausgaben verbessern und die Basis des Systems erweitern. Das bedeutet, neue relevante Datenquellen einzubinden und eine umfassendere Recherche zu ermöglichen. So können wir unseren Kunden noch präzisere Ergebnisse liefern, die auf einer breiteren Datenbasis beruhen.

Unser Rechercheassistent soll den Redakteurinnen und Redakteuren den Einstieg in den Rechercheprozess erleichtern. Wie sieht die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten in fünf Jahren aus? 

Yannick Franke: Ich bin überzeugt, dass die journalistische Arbeit auch in Zukunft ihren Kern beibehalten wird: Menschen werden weiterhin recherchieren, Informationen zusammentragen und Geschichten erzählen. Diese originäre Arbeit kann keine KI ersetzen.

Allerdings wird die Unterstützung durch KI zunehmen, insbesondere bei der Aufbereitung von Informationen und der Erstellung individualisierter Inhalte. Zudem werden durch KI neue Formate und Verwertungsmöglichkeiten entstehen, die den Wert der journalistischen Arbeit steigern. Insgesamt wird sich die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten verändern, aber der Mensch wird weiterhin im Mittelpunkt stehen.

Was rätst du Redaktionen oder Medienhäusern, die noch keine KI-Einheit aufgebaut haben?

Yannick Franke: Mein wichtigster Rat ist: Einfach anfangen und Erfahrungen sammeln. Es ist entscheidend, sich frühzeitig Expertise aufzubauen, sowohl fachlich als auch organisatorisch. Medienhäuser sollten sich klar machen, was diese Technologien leisten können – und was nicht.

Gleichzeitig ist es wichtig, schnell erste Anwendungen zu testen, Feedback einzuholen und Hemmschwellen abzubauen. Eine strukturierte Herangehensweise hilft, aber es kommt darauf an, ins Handeln zu kommen und erste Erfolge zu erzielen, um den Nutzen dieser Technologie für die gesamte Organisation sichtbar zu machen.

Die Fragen stellte Julian Knoll.

 

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