Suchmaschinen wie Google sind so extrem erfolgreich, weil sie fast immer wissen, was ein Nutzer mit seiner Suche erfahren will. Aber für Journalisten kann diese Optimierung manchmal hinderlich sein. Hier hilft die vorfristige Internet-Suche.
Nehmen wir das Beispiel des Amoklaufs an einer High School im Ort Santa Fe in Texas am 18. Mai 2018. Damals hatte ein 17-Jähriger acht Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen erschossen. Wenn wir wissen wollen, welche Nachrichten es über die Schule in den Tagen, Wochen oder Monaten vor diesem schrecklichen Ereignis gegeben hat, dann bringt uns die normale Google-Suche nicht weiter.
Denn wenn wir „High School Santa Fe Texas“ eingeben, erhalten wir quasi nur Treffer zum Amoklauf sowie Links zur Webseite der High School und zu einem Wikipedia-Artikel.
Wir wollen aber eine Zeitreise im Netz unternehmen und in eine Zeit schauen, die vor jenem 18. Mai 2018 liegt. Das können wir mit wenigen Klicks bei Google machen.
- Wir tippen unsere Suche im Google-Feld ein. Dann klicken wir rechts auf die Option „Tools“, „Beliebige Zeit“, unten „Zeitraum festlegen“.
- Zeitraum festlegen, der kurz vor dem Ereignis US-Zeiteinstellungen beachten (Monat/Tag/Jahr). Eine Suche vom 3. Januar 2018 bis 17. Mai 2018 sieht also so aus:
Dann erhalten wir „vorfristige“ Treffer zur Schule und entdecken unter anderem diesen Bericht:
Es hatte also wenige Wochen zuvor einen Fehlalarm gegeben. Damals dürfte auch die Schule in Texas unter dem Eindruck des Amoklaufs an einer Schule in Parkland/Florida gestanden haben. Ein Knallgeräusch hatte Ende Februar in Santa Fe dafür gesorgt, dass ein Alarmierungsmechanismus ausgelöst wurde. Damals wurde die Schule abgeriegelt, Schüler durften das Gebäude zunächst nicht verlassen, Eltern warteten sorgenvoll auf der Straße – bis sich damals alles als Fehlalarm erwies. Doch drei Monate später ereignete sich dann an genau dieser Schule ein Amoklauf.
Die vorfristige Suche zeigt auch, dass auch die Schülerinnen und Schüler in Santa Fe als Reaktion auf das Parkland-Shooting gegen „gun violence“ protestiert hatten.
Diese Suche lässt sich natürlich auch für Ereignisse in Deutschland anwenden.
Als Beispiel dient ein heftiger Hackerangriff auf das Lukaskrankenhaus in Neuss an Aschermittwoch 2016, dem 10. Februar. [Ein herzlicher Dank an die Kollegen vom Hessischen Rundfunk, die in ihrem Podcast Cybercrime den Fall in Neuss durchleuchtet haben]
Wenn man wissen will, wie die Digitalstrategie des Lukaskrankenhauses vor dem Hackerangriff ausgesehen hat, erhält man mit der vorfristigen Suche diesen Treffer, der uns zeigt, dass nur wenige Wochen vor der IT-Attacke im Lukaskrankenhaus sich der damalige Gesundheitsminister Hermann Gröhe vor Ort die Digitalstrategie „Visite 2.0“ hatte demonstrieren lassen. Das Krankenhaus schrieb im Januar 2016 über den Besuch: Die „Visite 2.0“ erlebte Gröhe in seiner Heimatstadt als „ein tolles Beispiel, wie durch den Einsatz von Informationstechnik die Patienteninformation verbessert und Übertragungsfehler vermieden werden können.“
Hier hilft uns also die „vorfristige“ Internet-Suche, den Hackerangriff auf das Lukaskrankenhaus noch besser einzuordnen: Die Informationstechnik in Krankenhäusern – vier Wochen zuvor noch vom ehemaligen Gesundheitsminister hoch gelobt – wurde durch den Hackerangriff infrage gestellt.
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