Auf den Medientagen München 2018 war ich als Diskutant auf dem Panel „Fake News vs Trusted Environment – welche Funktion kann die Blockchain für die Glaubwürdigkeit der Medien spielen“. Die Teilnahme hatte mich aus zwei Gründen gereizt. Nämlich wegen der Begriffe „Fake News“ und „Blockchain“. Beides Themen, die die dpa bewegen.
Beim Thema Verifikation hat sich die dpa ja bereits frühzeitig eingebracht. Mit dem Einsetzen unseres Verification Officers Stefan Voß, dem Ausrollen entsprechender Trainings und Werkzeuge in den dpa-Redaktionen und der Teilnahme an zahlreichen Initiativen wie der First Draft Coalition oder dem Trust Project haben wir das Prüfen von Informationen in eine zentrale Position gerückt. Blockchain dagegen befindet sich in einem technisch wohl bereits guten Stadium, ist aber in den Geschäftsmodellen noch nicht angekommen.
Was habe ich gelernt? Zunächst habe ich den Altersschnitt auf dem Panel gehoben. Gründer Felix Schläger („Trudia“ ) und Arkam Jarved („Inkrypt“) sind sehr jung. Vielleicht braucht es für Blockchain-Anwendungen junge Leute, die nicht ihr Leben lang in der Zentrale-Infrastrukturen-Welt sozialisiert wurden. Ich werde jedenfalls mit ihnen im Gespräch bleiben. Vielleicht gibt es ja Anwendungsfelder, die wir alleine zu denken gar nicht in der Lage sind.
Learning Nummer 2: In der Tat gibt es einleuchtende Blockchain-Anwendungen im Nachrichtenbereich. Ich sehe sie vor allem dort, wo es um die Organisation von Zulieferern geht – etwa in jenen Bereichen unseres weltweiten Fotografennetzes, das nur sehr sporadisch Material anzubieten hat. Über „Smart Contracts“ könnten sehr einfach Zulieferung, Rechtemanagement und Bezahlung abgewickelt werden. Überhaupt scheint das Rechtemanagement ein vielversprechendes Anwendungsfeld zu sein, in das wir selbst tiefer hineinsehen sollten. Es trifft sich gut, dass wir bereits im Dezember einen Design Sprint mit dem Ziel haben werden, erste machbare Blockchain-Anwendungen zu skizzieren.
Nächstes Learning: Die Anwendungen, die ich im Nachrichtenbereich gesehen habe, befinden sich eher im Stadium „Lösung sucht Problem“. Für das Thema Fake-News-Bekämpfung mit Mitteln der Blockchain gilt dies allemal.
Eine Rückfrage bei dpa-Verification-Officer Stefan Voß nach den aktuell am häufigsten auftretenden „Fakes“ zeigen vielfach aufgebauschte Bewertungen als häufigen Case. Beispielsweise werden aus kleineren Vorfällen in einem Blog dann „bürgerkriegsähnliche Zustände“ und die Aufregung darüber nimmt ihren Lauf. Oder in Wahlkämpfen werden Vertretern des gegnerischen Lagers falsche Aussagen in den Mund gelegt. Die Blockchain kann den Weg der Information sicher dokumentieren. Ob die Information selbst nun stichhaltig ist oder nicht, darüber kann technisch unter Einsatz von Blockchain-Methoden keine Aussage getroffen werden.
Eine häufig genannte Methode, um die Stichhaltigkeit der Information zu prüfen, ist die Verifikation über die Benutzer-Cloud. Das Ergebnis wird dann via Blockchain unveränderlich festgeschrieben. Hier habe ich ganz grundsätzliche Bedenken. Verifikation ist keine Sache der Mehrheitsmeinung. Sie ist eine Sache von Institutionen, die ihrerseits jederzeit einer Überprüfung Stand halten. Wie eben Medienmarken, die bereit sind, sich selbst jederzeit zur Diskussion zu stellen und der Öffentlichkeit Rechenschaft zu geben.
Es lohnt sich auch, eine Gegenposition zu bedenken: Hätte ich ein Interesse, falsche Informationen unauslöschbar zu machen, würde ich dafür natürlich Blockchain-Technologien verwenden. Ein Nutzen der Blockchain ist ja die Unveränderbarkeit von Informationen. In diesem Sinne werden „gute“ Informationen ebenso unabänderbar konserviert wie auch „böse“.
Das Podium war in jedem Falle lehrreich: Zum jetzigen Zeitpunkt können wir Blockchain als ökonomisches Modell begreifen. Der Nutzen liegt voraussichtlich in der Verschlankung von Betriebsprozessen im Austausch von Informationen, dem Rechtehandel und der Bezahlung. Dass wir über Blockchain publizistische Herausforderungen lösen, sehe ich derzeit nicht. In jedem Fall ist es für die dpa ein Explorationsfeld mit großem Potenzial.
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Peter Kropsch
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