Faktencheck21: dpa unterstützt bei Ausbildung von Faktencheck-Teams
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Projekt Faktencheck21: dpa unterstützt regionale Medien bei der Ausbildung von Faktencheck-Teams

Für Faktencheckerinnen und Faktenchecker in Deutschland dürfte 2021 das mit Abstand arbeitsreichste und intensivste Jahr beim Entlarven von Lügen und Irrtümern in den sozialen Netzwerken werden. Die Fake-Kampagnen gigantischen Ausmaßes rund um die Corona-Pandemie prasseln noch immer auf Millionen Bundesbürger ein. Zudem lassen die bevorstehenden Wahlen im Jahr 2021 befürchten, dass sich Deutschland auf einen von Fakes beeinträchtigten Wahlkampf einstellen muss. Die dpa reagiert darauf mit dem Projekt „Faktencheck21“, das bereits erfolgreich angelaufen ist und finanziell von der Google News Initiative unterstützt wird.

Die Gefahr massiver Desinformation von Wählern droht auch auf regionaler Ebene. Doch gerade dort fehlt es oft an professionellen Faktencheck-Expertinnen und -experten. Nicht alle Verlage bieten ihren Lesern regelmäßig Faktenchecks als Orientierungshilfe im Kampf gegen Gerüchte und Falschbehauptungen im Netz an. Die eigenen Ressourcen seien knapp, heißt es oft, und das Format Faktencheck aufwändig.

Die dpa verfügt mittlerweile über eine schlagkräftige, internationale Faktencheck-Redaktion. Allein in Deutschland hat dieses Team, angesiedelt bei der Digitaltochter dpa-infocom, in den vergangenen zwei Jahren mehr als 1.500 Faktenchecks produziert. Mit ihrem Projekt Faktencheck21 hat sich die Agentur zum Ziel gesetzt, im laufenden Wahljahr möglichst viele Medienhäuser bei der Ausbildung von eigenen Faktencheckerinnen und Faktencheckern zu unterstützen.

Das Projekt Faktencheck21 besteht wesentlich aus drei Komponenten:

  1. Umfassende Faktencheck-Trainings für Journalistinnen und Journalisten
  2. Etablierung einer frei zugänglichen digitalen Lernplattform für Faktencheck-Profis
  3. Sicherstellung eines intensiven und kontinuierlichen Austauschs in einer neuen Faktencheck-Community. Aufbau und Moderation eines entsprechenden Slack-Spaces.
Schulung Faktencheckerinnen Faktenchecker
Bereits mehr als 70 Medienhäuser haben ihre Teilnahme am Projekt Faktencheck21 bestätigt.

In Gesprächen berichten viele Medienschaffende, dass es allenfalls einzelnen Kolleginnen und Kollegen sporadisch gelinge, einen Blick in örtliche Facebook-Gruppen zu werfen. Eine umfassende Beobachtung relevanter Posts in den reichweitenstärksten Netzwerken schaffen nur einige wenige Medienhäuser. Praktisch unbeobachtet blieben die für die jeweilige Region relevanten Entwicklungen auf YouTube und dem stark frequentierten Messengerdienst Telegram.

Die rasend schnelle Verbreitung von Corona-Lügen auf Social Media lässt erahnen, wie sich ähnlich massive Fake-Kampagnen im Wahljahr auswirken können. Schon jetzt sind Versuche im Netz zu erkennen, die Meinungsbildung von Wählerinnen und Wählern durch Fakes zu manipulieren. Die Faktenchecker wollen keine Meinungen unterdrücken, sondern Lügen entlarven. Sie haben also keine unliebsamen Positionen oder Überzeugungen im Visier, sondern erwiesenermaßen falsche Tatsachenbehauptungen, die sich über Social Media rasend verbreiten.

Es ist aus Sicht der dpa die Aufgabe von Medienschaffenden, diese Desinformations-Kampagnen vor allem auch in den Regionen aufzudecken. Alle Menschen in Deutschland müssen die Möglichkeit haben, sich auf der Grundlage von Fakten und nachweisbaren Behauptungen eine politische Meinung zu bilden. Dies muss auch für jene Mitbürgerinnen und Mitbürger gelten, die sich überwiegend oder ausschließlich in Sozialen Medien oder per Messenger-Dienst informieren.

In Foren werden immer häufiger die Klagen von Betroffenen laut, die in ihrer eigenen Familie oder im Freundeskreis mit Verschwörungsmythen konfrontiert werden. Es fehlt ihnen oftmals an konkreten Argumenten, um diesem Lug und Trug etwas entgegenzusetzen zu können. Genau diese dringend benötigten Fakten und Beweise liefern Faktenchecks von Journalisten.

In der Diskussion über Desinformationen auf Social Media wird immer wieder die Forderung nach einem konsequenten Löschen irreführender Inhalte laut. Die dpa hält es aus vielen Gründen für sinnvoller und effektiver, dass Falschbehauptungen oder auch Irrtümer durch einen diesbezüglichen Faktencheck entlarvt werden. Es ist die Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, Fakten zu überprüfen und deren Richtigkeit zu beurteilen. Diese Vorgehensweise dürfte in den meisten Fällen überzeugender und nachhaltiger sein als das kommentarlose Löschen eines Fakes.

Seit einigen Wochen lädt dpa regionale und überregionale Medienhäuser zur Zusammenarbeit im Projekt Faktencheck21 ein. Die Resonanz ist groß: Bis Mitte März haben bereits mehr als 70 Medienhäuser ihre Teilnahme bestätigt. Täglich kommen weitere Verlage und Sender hinzu.

Das auf das gesamte Jahr 2021 ausgelegte Projekt Faktencheck21 startet mit einem zweitägigen Intensivkurs zu den Basistechniken der Digitalen Recherche wie Foto-Rückwärts-Suche, Accounts verifizieren, Internet Archiv, Geolocation und vieles mehr. Darauf aufbauend bietet die dpa den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Jahresverlauf zahlreiche Vertiefungsmodule an, wie zum Beispiel Recherchieren auf Telegram, Monitoring von Augenzeugen-Videos bei Großereignissen, Techniken des Faktencheck-Schreibens und auch journalistische Techniken zur Deep-Fake-Erkennung.

Die vielfältigen dpa-Leistungen im Projekt Faktencheck21 sind für die teilnehmenden Medienhäuser kostenlos. Unser Partner Google verfolgt das Ziel, Falschinformationen auf den eigenen Plattformen zu bekämpfen und zu reduzieren. Deshalb hat das Unternehmen das Projekt in Zusammenarbeit mit der dpa initiiert und unterstützt dieses auch finanziell. Die inhaltliche und methodische Hoheit liegt ausschließlich in den Händen der dpa.

dpa nutzt in der Zusammenarbeit mit den teilnehmenden Medienhäusern die Open Source Technologie ClaimReview. ClaimReview macht speziell markierte Faktenchecks auf Plattformen wie Google, Bing oder auch Facebook leichter auffindbar für Nutzer. Mit ClaimReview können auch deutsche Medienhäuser ihre Faktenchecks für Suchmaschinen, Apps und Social-Media-Plattformen kennzeichnen.

Faktencheck21 Foto-Rückwärtssuche Geolocation
Das Projekt Faktencheck21 vermittelt Basistechniken der digitalen Recherche wie Foto-Rückwärts-Suche, Accounts verifizieren, Internet Archiv oder Geolocation. (Im Foto: Folie aus einem Faktencheck-Workshop)

Da Schulungswissen häufig schnell wieder vergessen wird, bietet dpa den teilnehmenden Medienhäusern im Projekt Faktencheck21 auch den Service einer digitalen Lernplattform. Dort werden viele Tipps und Techniken der digitalen Recherche und Verifikation anschaulich erklärt, unter anderem mit Videos, interaktiven Übungen und später auch praktischen Alltagswerkzeugen. Die Schulungsmodule auf dem Hub können auch für die betriebsinterne Weiterbildung bei den dpa-Kunden eingesetzt werden. In allen Bundesländern bildet die dpa regionale Recherche-Profis aus, die sich in einer eigenen Faktenchecker-Community austauschen können.

Ein weiteres Plus des Projekts: Die Medienhäuser erhalten einen moderierten Zugang zum umfangreichen Faktencheck-Archiv der dpa. Viele Zeitungen und Sender haben im Corona-Jahr 2020 eine Welle an Protest-Mails und -Briefen erhalten. Häufig beschweren sich Leser und Hörer darüber, dass ihre Zeitung oder ihr Sender nicht über diesen oder jenen „Skandal“ berichtet habe, obwohl doch auf Social-Media-Plattformen ständig davon die Rede sei.

Beim genaueren Hinsehen und dem konkreten Überprüfen jener Behauptungen erweisen sich dann die allermeisten dieser „Skandale“ als teilweise oder auch komplett falsche Darstellungen bis hin zur dreisten Lüge. Exakt auf solche Fälle beziehen sich die mehr als 1.500 dpa-Faktenchecks.

Auch in diesem speziellen Service spiegelt sich der Grundgedanke des Projekts wider: Die Verlage und Sender können ihren Leserinnen und Lesern sowie ihren Hörerinnen und Hörern im Detail erläutern, welche Wahrheiten hinter den vermeintlichen Skandalen stecken, sei es im eigenen Landkreis, bundesweit oder international.

Faktencheck21 dient damit dem hohen Ziel der Demokratie in Deutschland – und im Kleinen der Leserbindung für regionale und überregionale Medienhäuser.

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Twitter: @stefanvoss
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